Therapiebegleithund Rico bringt Bewohner zum Strahlen

Wenn Therapiebegleithund Rico in die Senioren-Residenz „St. Franziskus“ in Schwarzenbek kommt, wird er bereits von vielen Senioren freudig erwartet. Mit seiner liebenswerten Art zaubert er den Menschen ein Lächeln ins Gesicht und bringt auch demenziell veränderte Bewohner wieder zurück ins Hier und Jetzt.

17.02.2023

Therapiebegleithund Rico bei der Gruppentherapie in der Senioren-Residenz "St. Franziskus" in Schwarzenbek

Dreimal in der Woche begleitet Therapiebegleithund Rico seine Besitzerin Nadine Wilke zur Arbeit. Die gelernte Physiotherapeutin macht in der Senioren-Residenz „St. Franziskus“ seit 2021 eine Umschulung zur Kauffrau im Gesundheitswesen, ist aber bereits seit 2012 in der tiergestützten Therapie tätig. Im Büro der Verwaltung hat Hund Rico seine eigene Box als Ruhezone und Rückzugsmöglichkeit. Am liebsten mag der Australian Shepherd aber den Kontakt zu den Bewohnern, den es reichlich in der Einrichtung gibt. Ob bei der Tiergestützten Therapie in Form von Gruppen- und Einzelangeboten mit den Senioren oder während seiner Rundgänge zusammen mit seinem Frauchen durch die Einrichtung.

Tiergestützte Gruppentherapie

In der Senioren-Residenz wird die Tiergestützte Therapie in zwei verschiedenen Bereichen eingesetzt, um sie speziell auf die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Bewohner auszurichten. „Wir haben hier das so genannte Aktivzentrum, in dem wir die Therapie für unsere Bewohner mit eingeschränkter Mobilität anbieten. Dabei versuchen wir die Bewohner durch Wahrnehmung und den Kontakt zum Hund zu aktivieren“, erklärt Nadine Wilke. „Für unsere mobileren Bewohner bieten wir an unserem Stammtisch kleine Therapierunden mit maximal zehn Teilnehmern an. Hierbei unternehmen wir mit den Bewohnern aktive Tätigkeiten, bei denen sie sich zum Beispiel etwas zuwerfen oder etwas herumreichen. Die Bewohner müssen dabei ein bisschen mitdenken und auch mit den anderen Teilnehmern interagieren, um sich zum Beispiel abzusprechen. Es kommt immer darauf an, was unser Ziel in der jeweiligen Therapieeinheit ist, also ob wir die Koordination stärken, die Kommunikation fördern oder das Gedächtnis anregen möchten.“

Regelmäßiger Kontakt zu Bewohnern

Auch wenn gerade keine Gruppentherapie stattfindet, können die Bewohner Hund Rico in der Einrichtung sehen. Bei den regelmäßigen Runden durch die Einrichtung, in denen Nadine Wilke den Bewohnern die Post vorbei bringt, darf Rico sie begleiten und wird dabei meist schon freudig erwartet. „Wenn ich mal ohne ihn unterwegs bin, werde ich direkt gefragt, wo denn Rico sei“, lacht Nadine Wilke. „Sogar einige unserer demenziell veränderten Bewohner können sich seinen Namen merken und fragen nach ihm. Manche Bewohner kommen auch zu uns in die Verwaltung, um ihn zwischendurch mal zu streicheln, das ist natürlich immer möglich. Rico ist mittlerweile nicht nur unser Therapiebegleithund, sondern der ‚St. Franziskus Hund‘, der zum Alltag hier dazugehört.“

„Türöffner“ für demenziell veränderte Bewohner

Besonders bei Bewohnern mit Demenz kann Nadine Wilke eine positive Veränderung durch den Umgang mit dem Hund feststellen. „Es gibt hier eine Bewohnerin, die wenig spricht und sehr in sich gekehrt ist. Sie hatte früher Katzen, mag aber auch Hunde sehr gerne. Wenn ich alleine mit der Post in ihr Zimmer komme, werde ich manchmal nicht mal angeguckt und bekomme auch kein ‚Hallo‘ zurück, weil sie durch die Demenz einfach gerade in ihrer eigenen Welt ist. Aber wenn der Hund dabei ist, dann spricht sie ganz viel mit ihm, knuddelt und umarmt ihn und ist auf einmal völlig befreit. So viel hört man sie sonst nie reden. Dabei merkt man, dass der Hund einfach eine Art ‚Türöffner‘ ist und eine Brücke bildet. Wenn der Hund dabei ist, kann ich sie auch zum Beispiel nach ihrem Tag fragen und sie antwortet mir tatsächlich darauf.“

Rücksichtnahme an erster Stelle

Das Angebot zur Tiergestützten Therapie ist freiwillig und berücksichtigt beispielsweise Ängste von Bewohnern. „Jeder Bewohner bekommt beim Einzug in unsere Residenz einen Anmeldebogen, in dem Allergien oder auch Ängste durch Vorgeschichten mit Hunden abgefragt werden. Nur wenn das abgeklärt ist und sie einer Tiergestützten Therapie zustimmen, binden wir die Personen in die Gruppen- oder Einzeltherapie ein“, erklärt Nadine Wilke. „Auch wenn ich die Post verteile, nehme ich Rico in die Bewohnerzimmer nur mit, wenn die Bewohner damit einverstanden sind.“ Eine weitere Vorsichtsmaßnahme ist, dass Rico außerhalb von Therapierunden immer an der Leine geführt wird. „Es kann immer mal ein Bewohner mit Angst vor Hunden auf dem Flur unterwegs sein oder aber ungeschickt über ihn stolpern, wenn der Bewohner zum Beispiel nur noch schlecht sehen kann. Aber auch manche Mitarbeiter haben schlechte Erfahrungen mit Hunden gemacht. Deswegen haben wir Rico immer an der Leine, damit jeder weiß, dass der Hund nicht zu einem kommen kann, wenn derjenige das nicht möchte, und er niemandem im Weg ist.“

Ausbildung zum Therapiebegleithund

Ab einem Alter von zwei Jahren dürfen Hunde einer jeden Rasse an einem Eignungstest zum Therapiebegleithund teilnehmen. Hierbei wird geprüft, ob der Hund die Grundkommandos beherrscht und wie er in bestimmten Situationen reagiert. Nur, wenn er eine so genannte Wesensfestigkeit aufweist, also absolut aggressionslos und zuverlässig in stressigen Situationen ist, darf er zum Therapiebegleithund zugelassen werden. Es folgt eine zweiwöchige Intensivausbildung mit Theorie und Praxis im Wechsel. Dabei werden Praktika in verschiedenen Einrichtungen, wie einer Grundschule, einem Pflegeheim und einer Behindertenwerkstatt absolviert, um zu prüfen, wie der Hund auf verschiedene Klienten reagiert. Nach bestandener Abschlussprüfung erhalten die Teilnehmer ein offizielles Zertifikat, welches jedoch nach zwei Jahren erneuert werden muss, um zu kontrollieren, ob sich der Hund verändert hat oder noch immer wesensfest ist.

Hinweis: Die Ausbildung zur Tiergestützten Therapie ist in Deutschland noch nicht geschützt. In diesem Beitrag wurde die Ausbildung von Therapiebegleithund Rico vom Verein „Therapiebegleithunde Wismar e.V.“ beschrieben.

Immer mit Spaß bei der „Arbeit“

Wenn man Therapiebegleithund Rico bei seiner „Arbeit“ beobachtet, merkt man sofort, wie viel Spaß ihm der Umgang mit den Bewohnern der Senioren-Residenz bereitet – eine Freude, die auf Gegenseitigkeit beruht. „Er mag auch gar nicht gerne ‚frei‘ haben. Wenn er mal ein paar Tage länger nicht in der Senioren-Residenz war und wir zum Beispiel in einem Park mit vielen fremden Menschen sind, versucht er ständig Kontakt zu den Menschen aufzunehmen und ist sehr aufgeregt“, erzählt Nadine Wilke. „Und wenn wir dann wieder in die Einrichtung kommen, merkt man immer, dass er viel aufgedrehter ist als sonst, weil er sich so freut. Das ist immer süß mit anzusehen. Er ist dann aber schnell wieder in seinem professionellen Arbeitsmodus.“