Zukunft der Pflege

Podiumsdiskussion: Zukunft der Ernährung

03.02.2023

Podiumsdiskussion zum Thema "Zukunft Ernährung" bei der Alloheim Küchenolympiade

Wie sieht die Ernährung der Zukunft aus, welche Konzepte gibt es dazu und wie können diese in Pflegeheimen umgesetzt werden? Im Rahmen der Alloheim Küchenolympiade fanden sich Experten aus verschiedenen Bereiche zusammen, um sich über diese Themen auszutauschen.

Gesunde und leckere Verpflegung für Senioren – darum drehte sich die Alloheim Küchenolympiade, bei der die Küchen- und Hauswirtschaftsteams verschiedener Pflegeeinrichtungen mit ihren leckersten Gerichten gegeneinander antraten. Beim großen Finale im Dortmunder Wohnstift „Auf der Kronenburg“ fand neben dem Kochevent selbst unter anderem auch eine Podiumsdiskussion zum Thema „Zukunft der Ernährung“ statt. Starkoch und Ernährungsexperte Holger Stromberg, Ernährungsberater Johannes Wenkers und der Leiter Services bei Alloheim, Christoph Schönenberg, unterhielten sich mit Petra Koch, Leiterin Marketing bei Alloheim (oben links im Foto), über ihre Einschätzungen.

Holger Stromberg

Holger Stromberg ist Juror bei der Alloheim Küchenolympiade und gehört zu Deutschlands Kochelite. Er war mit 23 Jahren der jüngste Koch Deutschlands, der mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet wurde. Als Co-Founder und Chief Culinary Officer bei Organic Garden AG setzt er sich für eine gesunde Ernährungsform für Mensch und Natur ein.

Petra Koch: Herr Stromberg, in Ihrem Ernährungskonzept geht es maßgeblich um CO2-Reduktion und Mikronährstoffdichte. Warum sind diese Themen so entscheidend für die Zukunft?

Holger Stromberg: Jedes Lebensmittel, das wir in Deutschland essen, hat im Durchschnitt tausende Kilometer hinter sich. Diese langen und zum Großteil nicht transparenten Transportwege sind fatal für das Klima. Deshalb habe ich zuerst einmal eine Definition für Regionalität schaffen müssen, um den Gesamt-Warenkorb der Zukunft auf maximal 850 Kilometer im Durchschnitt zu reduzieren. Die Großverpflegung besitzt den größten Hebel zur Veränderung. Das hat auch die aktuelle Bundesregierung erkannt und entsprechende Maßnahmen angekündigt, wie einen erhöhten Anteil an saisonal-regional und ökologisch-klimafreundlich erzeugten Lebensmitteln in der Gemeinschaftsverpflegung einzusetzen. Das ist ein großer, richtiger und wichtiger Schritt.

Die Lieblingsgemüse der Deutschen, die quasi täglich gegessen werden, sind Tomate, Paprika und Gurke, welche nur zeitweise in Deutschland Saison haben und daher aus anderen Ländern importiert werden. Um dieses Lieblingsgemüse der Deutschen in Zukunft ohne schlechtes Gewissen anbieten zu können, wollen wir mit Organic Garden „Mega-Bio-Fabriken“ errichten, also sehr große Farmen auf etwa 30 Hektar Größe, in denen ganzjährig, ressourcenschonend und CO₂-neutral mit einem eigenen Energiekonzept Lebensmittel angebaut, erzeugt und in die Großverpflegung geliefert werden sollen. Das Kreislaufwirtschaft-Konzept folgt dem „from Farm to Fork- und Leaf to Root-Prinzip“.

Christoph Schönenberg

Christoph Schönenberg ist Leiter der Abteilung Services der Alloheim Senioren-Residenzen SE und leitet das Organisationsteam der Alloheim Küchenolympiade.

Petra Koch: Herr Schönenberg, inwieweit ist das Regionalitätskonzept mit den 850 Kilometern als größten Fahrweg der Lebensmittel, von dem Herr Stromberg berichtet hat, auf Alloheim übertragbar, mit einem Großküchenkonzept, bei dem in rund 250 Einrichtunge

Christoph Schönenberg: Der Ansatz der Regionalität und der Nachhaltigkeit durch kürzere Wege ist definitiv der richtige Ansatz, weswegen wir auch schon seit 2019 diesbezüglich im Gespräch mit Holger Stromberg sind. Dies spiegelt sich bei uns unter anderem in der Lieferantenstruktur wider, sodass wir Lieferanten mit diesem regionalen Bezug haben.

Die Speiseplangestaltung obliegt unseren Residenzen selbst, sodass die Köche vor Ort auf regionale Gegebenheiten entsprechend der Geschmäcker der Bewohnerinnen und Bewohner eingehen können. So wird es beispielsweise in München keinen „Labskaus“ geben, wenn nicht gerade eine Hamburger Mottowoche ausgerufen wurde.

Generell sind für uns Nachhaltigkeit und der Wandel der Ernährung, gerade auch in Bezug auf unsere Bewohnerinnen und Bewohner, große Themen, denen wir uns gemeinsam mit Holger Stromberg widmen.

Johannes Wenkers

Johannes Wenkers ist Ernährungsberater in Rheine und von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zertifiziert. Er hat sich unter anderem auf die Ernährungstherapie bei Krankheiten und gesundheitsfördernde Ernährung spezialisiert.

Petra Koch: Herr Wenkers, können Sie uns etwas zur Auswirkung der Ernährung auf Krankheiten berichten und wie diese in Zukunft vermieden werden können?

Johannes Wenkers: In meine Beratung kommen immer mehr Menschen mit Allergien, Stoffwechselstörungen oder allgemeinen Erkrankungen im Magen-Darm-Trakt. Hierbei schaue ich immer, welche Nahrungsmittel sie konsumieren. Und ich stelle fest, dass einige Menschen davon viel Fleisch zu sich nehmen. Diese tierischen Lebensmittel sind jedoch nicht gut für uns. Und im Magen-Darm-Trakt sehe ich immer mehr Erkrankungen, die dadurch hervorgerufen werden.

Diesen Menschen rate ich, sich stattdessen vegetarisch zu ernähren mit einem kleinen tierischen Anteil. Und dieser kleine tierische Anteil, der dann mit pflanzlichen Lebensmitteln verbunden wird, erhöht ungemein die biologische Wertigkeit, die ein Gericht erhält. Dann können wir auch weniger zu uns nehmen. Und indem wir weniger zu uns nehmen, haben wir regelrecht mehr davon, weil der Körper durch die biologische Wertigkeit bei der richtigen Zubereitung und der richtigen Lebensmittelwahl mehr damit anfangen kann.

Das sieht man bei ganz vielen Erkrankungen, die wir mittlerweile haben, wie bei Nierenerkrankungen, Stoffwechselstörung, einer Leber- oder Magen-Darm-Erkrankung. Mit der Zusammensetzung verschiedener Lebensmittel kann man hier viel entgegenwirken. Und wenn ein Patient mit entsprechenden Erkrankungen in meine Beratung kommt, dann suche ich passende Lebensmittel für ihn aus. Wichtig dabei ist, dass er einen großen pflanzlichen Teil zu sich nimmt, und einen kleinen Anteil tierischer Produkte. Bestes Beispiel an dieser Stelle ist die Kartoffel-Ei-Diät: Dabei isst man ein Ei und 250 Gramm Kartoffeln. Der tierische Anteil ist klein und der pflanzliche sehr groß. Der Körper kann ganz viel daraus ziehen und kann alles davon verarbeiten.

Petra Koch: Herr Stromberg, Ihnen unter anderem wichtige Themen sind die Verdichtung der Mikronährstoffe, wie Vitamine, Mineralstoffe oder sekundäre Pflanzenstoffe, aber auch die Erhöhung darmgesunder Ballaststoffe bei der Speisenherstellung. Dies sind ga

Holger Stromberg: In unserem Land werden leider oft zu viel mirkonährstoffarme Speisen konsumiert. Also quasi „leere“ Kalorien, die allerdings bei der Erzeugung Unmengen Ressourcen verschlingen. Anstatt also den Fokus auf Makronährstoffe zu legen, möchte ich durch mein Konzept stattdessen einzelne Rohstoffe oder Komponenten optimieren, wie beispielsweise in Form von Ballaststoff-Erhöhung in Mehlspeisen. Man würde zum Beispiel einfach in den Brot- oder Nudelteig Kleie mit einarbeiten oder gleich einen höheren Anteil Vollkornmehl verwenden. Durch solch kleine Schritte ist für unser Darmmikrobiota und damit für unsere Gesundheit schon viel getan. Wichtigste Ziele und Herausforderung zugleich sind, den größten Anteil der Speisen aus Gemüse zu gestalten, aber auch fermentierte Lebensmittel wie beispielsweise rohes Sauerkraut wieder in die Ernährung einzubauen beziehungsweise Fermentation wieder in der Vorbereitung von Speisen zu nutzen.

Beim Gemüse lässt sich außerdem zwischen „konventionell“ und „bio“ unterscheiden. So sind in Bio-Gemüse mehr Mikronährstoffe enthalten. Aber auch wenn das fürs Portemonnaie schwierig ist, gilt es so viel Nährstoffe wie möglich in die Speisen zu bringen, ohne Raubbau an der Natur zu betreiben. Die Lebensmittelindustrie macht es seit langem meist genau umgekehrt: Sie erzeugt und vertreibt hochkalorische Gerichte, die uns Menschen und die Natur nachhaltig schädigen. Zum Beispiel braucht es dafür viel zu viel Landfläche, die aber nicht zur Verfügung steht.

Petra Koch: Herr Schönenberg, eine abschließende Frage: Wie lassen sich diese Ernährungskonzepte zukünftig verstärkt in den Seniorenheimen von Alloheim einsetzen?

Christoph Schönenberg: Hierbei ist es wichtig, die Wünsche der Bewohnerschaft zu berücksichtigen. Das heißt, wir müssen unsere Bewohnerinnen und Bewohner aktiv in solche Veränderungen einbinden. Sie müssen das wollen und Spaß daran haben, das ist ein ganz wichtiger Faktor. Und gerade auch im fachlichen Austausch mit Holger Stromberg ist das Ziel, genau herauszufinden, wo wir diese Aspekte bei uns sinnhaft einbauen können. Beispielsweise bieten wir ja auch die Junge Pflege in einigen unserer Häuser an. Da ist die Bereitschaft und Offenheit für diese Ernährungsumstellung durch die Altersstruktur der Bewohner oftmals höher. Und unser gemeinsames Ziel ist dann alle mitzureißen, egal ob 18 Jahre alt oder 100 Jahre alt. Wir glauben an diese gemeinsame Zukunft und wir wollen sehen, wie wir sie mitgestalten können.

Ernährung bei Alloheim

Eine hohe Essensqualität und ein breites Angebot an Gerichten ist ein wichtiger Baustein für die Lebensqualität und trägt maßgeblich zum Wohlbefinden unserer Bewohner bei. Deshalb legen wir viel Wert auf frische und abwechslungsreiche Mahlzeiten, die schmecken, aber auch gesund sind.

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