Zukunft der Pflege

„Die Anzahl der Pflegeplätze wird massiv erweitert werden müssen“

Christoph Mosler ist Geschäftsführer Finanzen und Operations bei Alloheim. In seinem Bereich beschäftigt er sich auch mit zentralen Fragestellungen zur Zukunft der Pflege: Die Menschen werden immer älter, Fachkräfte immer weniger, welche Auswirkungen hat das für die Pflegeversorgung in Deutschland und auch für Alloheim selbst?

10.06.2021

Christoph Mosler - Geschäftsführer Finanzen bei Alloheim

INTERVIEW MIT CHRISTOPH MOSLER, GESCHÄFTSFÜHRER FINANZEN UND OPERATIONS

Was bedeutet der demografische Wandel für die Pflege?

Kurz zusammengefasst: Die Menschen werden immer älter, dadurch steigt der Bedarf an Pflegeplätzen langfristig erheblich an. Studien zufolge brauchen wir bis 2030 mehrere 100.000 zusätzliche Pflegeplätze in Deutschland. Das ist schon eine dramatische Zahl, die uns als Gesellschaft vor große Herausforderungen stellt. Gleichzeitig möchten die Menschen auch länger zu Hause wohnen bleiben. In der Folge kommen sie also immer später und älter in die Pflegeeinrichtungen. Dadurch steigt hier der Bedarf an intensiverer Pflege und individueller Unterstützung und Zuwendung. Im Ergebnis muss daher der Fokus noch stärker auf der Qualität der Pflege liegen.

Sie sprechen das Thema Qualität an. Welche Ansprüche haben Menschen an Pflegeeinrichtungen – und was tun Sie dafür?

Die Qualität in der Pflege ist ein in der Gesellschaft viel diskutiertes Thema. Für uns ist sie die unabdingbare Basis für zufriedene Bewohner und Angehörige. Wir sichern die Pflegequalität mit unserem vierstufigen Qualitätsmanagementsystem. In den aktuell über 230 stationären Einrichtungen kümmern sich rund 300 Mitarbeiter ausschließlich um die Einhaltung und Verbesserung der Pflegequalität. Wir definieren die Qualität unserer Arbeit aus der Summe von Pflege- und Lebensqualität. Neben der Qualität in der Pflege ist für uns auch Geselligkeit, Gemeinschaft und Unterhaltung in unseren Einrichtungen sehr wichtig. Die Menschen wollen auch noch was erleben. Dazu wollen wir mit unseren vielfältigen Angeboten unseren Beitrag leisten. Außerdem möchten die Menschen frisch gekochtes Essen und ein schönes Ambiente. Auf das alles legen wir großen Wert, damit unsere Bewohner sich bei uns wirklich zu Hause fühlen.

„Neben der Qualität in der Pflege ist für uns auch Geselligkeit, Gemeinschaft und Unterhaltung in unseren Einrichtungen sehr wichtig. Die Menschen wollen auch noch was erleben.“

Gerne beschäftigen sich die Menschen aber nicht mit dem Thema Pflege – und vor allem oftmals nicht rechtzeitig. Was raten Sie älteren Menschen und deren Angehörigen beim Thema Pflege?

In der Tat wird darüber nicht gerne gesprochen. Jeder kennt das Thema aus seinem persönlichen Umfeld, es ist da, aber man will sich damit nicht beschäftigen. Dabei bringt genau das viele Vorteile: Wer sich frühzeitig mit der Pflege befasst, verliert nicht nur eine etwaige Scheu, sondern ist auch besser vorbereitet. Das nimmt auch die Ungewissheit vor diesem neuen Lebensabschnitt – und gibt ein besseres Gefühl, wenn die Veränderung dann tatsächlich ansteht.

Alloheim ist über den Zukauf von Pflegegruppen und Einrichtungen in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Welchen Vorteil bietet eine übergreifende zentrale Organisation im Vergleich zu vielen kleineren, eigenständigen Einrichtungen?

Wir wollen, dass unsere Mitarbeiter vor Ort so viel Zeit wie möglich mit den Bewohnern verbringen können. Das erreichen wir durch zentrale und standardisierte Prozesse, so entlasten wir von vielen Verwaltungsaufgaben. Hierzu gehört auch unser digitales Dokumentationssystem, was unsere Pflegemitarbeiter mehr Zeit mit den Bewohnern ermöglicht. Wir haben darüber hinaus ein zentrales Qualitätsmanagement mit rund 300 Mitarbeitern, die sich ausschließlich mit der Sicherstellung der Qualität in unseren Einrichtungen befassen. Auch die Themen Einkauf, Energiebeschaffung und Gebäudemanagement werden zentral geregelt.

Mehr Pflegeplätze bedeutet auch mehr Pflegepersonal. Hier sieht sich die Branche schon heute einem Fachkräftemangel gegenüber. Was unternehmen Sie zur Gewinnung und Bindung von Mitarbeitern in der Pflege?

Wir nutzen vielfältige Möglichkeiten zur Gewinnung und Bindung von Mitarbeitern. Da spielt einmal die Vergütung eine Rolle – hier ist es wichtig, dass wir Aufklärungsarbeit leisten. Denn die Vergütung  in der Pflege ist deutlich besser, als sie oftmals dargestellt wird. Das gilt auch für den Vergleich mit vielen anderen Branchen. Alloheim gehört zudem an vielen Standorten zu den am besten zahlenden Arbeitgebern im Pflegebereich. Uns ist sehr wichtig, dass das extrem hohe Engagement unserer Mitarbeiter auch honoriert wird. Wir bieten darüber hinaus viele Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, investieren also in unsere Mitarbeiter. Mein persönliches Augenmerk liegt auf der Ausbildung, da wollen wir noch mehr Auszubildende gewinnen. Zurzeit haben wir circa 1.500. Diese Zahl wollen wir deutlich steigern.

„Uns ist sehr wichtig, dass das extrem hohe Engagement unserer Mitarbeiter auch honoriert wird. Wir bieten darüber hinaus viele Aus- und Weiter­bildungs­maß­nahmen, investieren also in unsere Mitarbeiter.“

Wie steigert man die Attraktivität der Pflegeberufe? Gibt es innovative Konzepte und wie werden sie umgesetzt?

Gerade in diesen Zeiten wird sehr deutlich, wie krisensicher dieser Beruf ist, wie viel Perspektive diese Branche bietet. Was uns noch wichtig ist und wir zeigen wollen, ist, wieviel Spaß dieser Beruf macht und wieviel man zurückbekommt. Gleichzeitig versuchen wir auch auf die individuellen Bedürfnisse unserer Mitarbeiter einzugehen. So haben wir flexible Arbeitszeitmodelle entwickelt, die Schul- und Kitazeiten berücksichtigen.

Ambulante Pflege zu Hause versus stationäre Pflege in Einrichtungen: Wird sich hier etwas verändern?

Die Veränderung hat es bereits gegeben, denn die Menschen möchten immer länger in ihrer gewohnten Umgebung bleiben, was völlig nachvollziehbar ist. Als eine wichtige Unterstützung, um diesen Veränderungen gerecht zu werden, hat sich die ambulante Pflege erwiesen. Wir sind bundesweit mit 25 ambulanten Pflegediensten präsent und werden hier weiter wachsen.

Wie sieht die Pflege der Zukunft aus? Was kann man jetzt schon tun, um Herausforderungen der Zukunft zu begegnen?

Insgesamt wird die Anzahl der Pflegeplätze massiv erweitert werden müssen, auch die Digitalisierung ist für die Branche ein wichtiges Thema. Wir schaffen jedes Jahr über den Bau neuer Einrichtungen viele neue Pflegeplätze, wollen zudem künftig noch mehr Auszubildende einstellen und Entwicklungsmöglichkeiten für unsere Mitarbeiter bieten. Mit all dem leisten wir einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag.