Qualität in der Pflege

Spaß und Interaktion mit digitalen Therapie- und Beschäftigungsplattformen

15.10.2021

VR-Brille im Einsatz im Alloheim Pflegeheim in Waldheim

Senioren spielen ausschließlich Karten und Brettspiele – von wegen! Nicht nur die jüngere Generation spielt am PC, Tablet oder Smartphone, auch Senioren begeistern sich immer mehr für die vielfältige digitale Spielewelt. So kommen auch in Pflegeeinrichtungen digitale Spielangebote zusehends zum Einsatz. Die unterschiedlichen digitalen Therapie- und Beschäftigungsplattformen sollen sich positiv auf die kognitiven und motorischen Fähigkeiten der Bewohner auswirken und die soziale Interaktion fördern. Darunter sind auch Angebote speziell für Menschen mit Demenz.

Drei digitale Therapie- und Beschäftigungsplattformen, die auch in Einrichtungen der Alloheim-Gruppe eingesetzt werden, stellen wir im Folgenden vor.

Die Tovertafel: Interaktivität mit digitalen Projektionen

Die Tovertafel, was auf Niederländisch „Zaubertisch“ heißt, wurde speziell für Menschen mit Demenz entwickelt. Man benötigt lediglich einen großen Tisch und das Gerät, das an der Decke über dem Tisch montiert wird. Ein Knopfdruck genügt und das Spielen kann beginnen. Die Tovertafel projiziert dann farbenfrohe und lebensechte Lichtprojektionen, die auf kleinste Hand- und Armbewegungen reagieren. Es können viele verschiedene Spiele gespielt werden, die alle helfen die körperliche und geistige Aktivität der Senioren zu stimulieren und die soziale Interaktion zu fördern. So haben zum Beispiel beim Blätter-Spiel alle Spieler ein gemeinsames Ziel: Sie fegen die Blätter zusammen und entdecken die Marienkäfer, die sich unter dem Herbstlaub verstecken. Dazu müssen die Blätter mit Handbewegungen oder gar einem echten Handfeger beiseite geschaufelt werden. Das Geraschel vermittelt das Gefühl, draußen zu sein und die kleinen Tiere ziehen die Aufmerksamkeit jedes Mal auf das Spiel zurück.

„Wir haben die Tovertafel seit fast zwei Jahren bei uns im Einsatz und unsere Bewohner sind begeistert“, berichtet Bettina Modrow, Leitung Sozialer Dienst in der Alloheim Senioren-Residenz Godenbergschlößchen in Bad Malente. Die Tovertafel bietet eine große Auswahl an verschiedenen Bewegungs- und Denkspielen, so dass für jeden etwas dabei ist. Die Bewohner haben die Möglichkeit zu puzzeln, gleiche Paare beim Memory zu finden oder mit Hilfe von projizierten Noten, die beim Antippen einen Ton erzeugen, eine Melodie zu spielen. Zudem werden virtuelle Seifenblasen zum Platzen gebracht oder gemeinsam mit einem Strandball oder Fußball gespielt. Dafür wird auch schon mal der Tisch beiseite gestellt und auf dem Boden miteinander gekickt. Bei dem „Sprichwörter-Spiel“ laden auf den Tisch projizierte Anfänge von bekannten Sprichwörtern zum Vervollständigen ein. Die farbenfrohen Spiele reagieren auf Hand-, Finger- und Armbewegungen.

Die Inhalte der Spiele sind nicht altersbezogen, sondern Interessen-übergreifend. „Schön zu sehen ist, dass das gemeinsame Spiel auch die soziale Integration unter den Bewohnern und mit den Pflegekräften fördert. Gemeinsame Erfolgserlebnisse verbinden eben“, sagt Bettina Modrow.

Bei allen Spielen stehen immer die Freude und das gemeinsame Erleben an erster Stelle. „Selbst bei Senioren, die von der Mobilität her eingeschränkt sind oder sich im Rollstuhl bislang eher passiv, ruhig und zurückhaltend verhielten, beobachten wir eine ganz neue Agilität“, so die Leiterin des Sozialen Dienstes.

memoreBox: Aktiv beim Videospielen

Die memoreBox ist eine Spielekonsole für Senioren, die Spiele basieren auf wissenschaftlichen Erkenntnissen aus der Geriatrie, Neuropsychologie sowie Physio- und Musiktherapie. Die memoreBox wird an einen Fernseher mit Internetzugang angeschlossen, auf dem die Videospiele abgespielt werden können. Die sensible Kamera der memoreBox erfasst die kleinsten Bewegungen der Senioren und überträgt diese wiederum auf den Bildschirm. Daher können alle Spiele stehend oder auch im Rollstuhl sitzend gespielt werden. Vor jedem Spiel meldet sich der Bewohner personalisiert an und hat in den jeweiligen Spielen seinen eigenen Avatar. So werden zum Beispiel Spielzeiten, Spiellevel oder erspielte Punkte gespeichert und können beim nächsten Spiel verbessert werden.

Angeboten werden sechs Spiele wie Kegeln, Motorrad fahren, Tischtennis, Tanzen und Singen sowie das Briefträger-Spiel. Diese können sowohl Einzeln als auch in Gruppen gespielt werden. Hierbei werden ein stabiler Gang sowie eine koordinierte Armbewegung trainiert, so müssen die Senioren zum Beispiel als Briefträger die Briefe passgenau in Briefkästen werfen und gleichzeitig abwechselnd mit den Beinen auf einer Stelle treten, um das Fahrrad fortbewegen zu können. „Besonders beliebt ist das Spiel „Sonntagsfahrt“ bei dem eine Motoradfahrt simuliert wird“, berichtet Kim Bergmann, Mitarbeiterin des Sozialen Dienstes, Alloheim Wohnstift „Auf der Kronenburg“ in Dortmund, „insbesondere der Gleichgewichtssinn und die mentale Leistungsfähigkeit werden hier trainiert. Verlagert sich der Körper nach rechts, fährt das Motorrad nach rechts und wird der Körper nach links verlagert, fährt das Motorrad nach links. Da sind schon ein wenig Feingefühl und Aufmerksamkeit gefragt.“

Die memoreBox wurde von dem Unternehmen RetroBrain entwickelt und der Einsatz in Alten- und Pflegeheimen seit dem Jahr 2016 von der Barmer mit zwei Pilotprojekten exklusiv im Rahmen des Präventionsgesetzes gefördert. So wurde die Spielekonsole zuletzt zwei Jahre lang mit rund 900 Seniorinnen und Senioren in mehr als 100 Pflegeheimen bundesweit getestet. Es wurde untersucht, ob eine körperliche und geistige Wirksamkeit und der Nutzen bei den Bewohnern durch das regelmäßige Spielen erkennbar sind und ob die strukturellen Rahmenbedingungen in den Pflegeheimen hierfür vorhanden sind. Wissenschaftlich begleitet und evaluiert wurde es von der Humboldt-Universität zu Berlin, der Alice-Salomon-Hochschule Berlin und der Arbeitsgruppe Alter und Technik der Charité Universitätsmedizin Berlin. Am Ende zeigten die Untersuchungen, dass die Spiele eine präventive und gesundheitsförderliche Wirksamkeit erzielen konnten. Die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit wie das Erinnerungsvermögen, die Stand- und Gangsicherheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurde gestärkt, Motorik-, Ausdauer- und Koordinationsfähigkeiten verbesserten sich und durch die gemeinsamen Aktivitäten konnten die sozialen Bindungen und die Kommunikation untereinander gestärkt werden. „Obwohl jeder einzeln spielt, spornen die anderen Bewohner den Spieler an und fiebern gemeinsam mit, ob zum Beispiel beim finalen Wurf alle Kegel fallen oder nicht“, sagt Kim Bergmann.

Virtuelle Brille: Erholsame Reisen und Erlebnisse

Sie ist klein, handlich, mit HighTech gespickt und hat es im wahren Sinne des Wortes „in sich“. Mit der virtuellen Brille von „Diginetmedia“ können die Bewohner in andere Welten eintreten und dreidimensionale Erlebnisreisen unternehmen. Wählen können sie unter anderem aus verschiedenen Rubriken, wie: Relax, Aktiv, Reisen nah und fern, Tiere, Attraktionen, Schiffe/Hotels, Bewegung und Berufe. So können die Bewohner bei ruhiger Musik durch einen Wald spazieren, an einem Strand sitzen und dem Rauschen der Wellen zuhören oder in einer Gondel sitzen und durch die verschneite Landschaft in den Bergen fahren. Die Wirkung der 360° Videos wird durch passende Musik, realistischen Sound und unterhaltsame Kommentare verstärkt.

„Die Virtual Reality (VR)-Brille ist bei uns ein fester Bestandteil, wenn es um Entspannung, angenehme Erlebnisse und positive Atmosphären geht“, berichtet Carolin Voigtländer, Leiterin Sozialer Dienst in der Alloheim Senioren-Residenz "An der Schillerhöhe" in Waldheim. Per Knopfdruck können die Bewohner zu schönen Orten “reisen“, wo sie entschleunigen und entspannen. „Am meisten wird der Waldrundgang ausgewählt, diese virtuelle Welt bereitet den Seniorinnen und Senioren besonders große Freude“, so Voigtländer. Viele fühlen sich auch an Orte in der Vergangenheit zurückversetzt, wo sie zum Beispiel in jungen Jahren mit der Familie Wanderungen unternommen haben. „Ich mag es mit den Bewohnern so auch noch einmal näher ins Gespräch zu kommen und höre gerne ihren Berichten von früheren Urlaubserlebnissen zu“, berichtet die Leiterin des Sozialen Dienstes.

Die virtuelle Reise in dreidimensionale Welten kann einfach und ganz ohne Kofferpacken angetreten werden: Die Bewohner setzen sich bequem in einen Sessel oder legen sich gemütlich auf ihr Bett, Unterstützung erhalten sie dabei durch die Mitarbeiter des Sozialen Dienstes, die anschließend die 3D-Brille passgenau anlegen und schon kann das Abenteuer beginnen. Dabei geht es neben dreidimensionalen Filmen auch um ausgeklügelte Tonfrequenzen, die sich beruhigend auf den menschlichen Organismus auswirken.

„Der Ausflug in die digitalen Welten bringt nicht nur Abwechslung, er eröffnet auch neue Perspektiven und beeinflusst positiv die Lebensqualität der Bewohner“, sagt Carolin Voigtländer. „Die Bewohner lieben das digitale Angebot und sind begeistert. Und auch unsere Mitarbeiter nutzen die VR-Brille, um zwischendurch ein wenig zu entspannen.“

VR-Brille im Einsatz in der Alloheim Senioren-Residenz „An der Schillerhöhe“ in Waldheim.
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