Hochwasser 2021: Große Solidarität und Hilfsbereitschaft

Die Hochwasserkatastrophe im Juli hat ganz Deutschland erschüttert. Menschen verloren ihr Leben, Häuser, Autos und unwiederbringliche Erinnerungen wurden einfach weggespült und zerstört. Über Nacht standen viele in den Hochwassergebieten vor dem Nichts. Die anschließende Hilfsbereitschaft und Solidarität zeigte einen starken Zusammenhalt der Bevölkerung in Deutschland.

06.08.2021

Hochwasser auf dem Parkplatz des Itertal Seniorenheims in Weisweiler

Auch Mitarbeiter der Alloheim-Gruppe und deren Einrichtungen waren von dem Hochwasser betroffen und erhielten ebenfalls großartige Unterstützungen. Neben der Feuerwehr, dem Technischen Hilfswerk, dem Deutschen Roten Kreuz, der Aachener Straßenbahn und Energieversorgungs-AG und den Krisenstäben der Städte haben viele Kolleginnen und Kollegen, Angehörige und unzählige freiwillige Helfer unterstützt und unglaublich viel Herz bewiesen.

Folgend berichten Mitarbeiter, wie sie die Tage des Hochwassers erlebt haben:

Itertalklinik Seniorenzentrum "Weisweiler"

„Ja, es waren Starkregen und auch Unwetter angesagt. Aber mit solch einem Ausmaß hatte hier niemand gerechnet“, sagt Simone Drach. Die 38-jährige ist Einrichtungsleiterin des Itertalklinik Seniorenzentrums "Weisweiler" und war am 15. Juli vor Ort, als das Wasser unaufhörlich anstieg. „Ich war aufgrund der Unwetterwarnung extra früh in die Einrichtung gekommen. Schon als ich darauf zufuhr, sah ich, wie bereits das Wasser im Erdgeschoss stand. Ab da konnte man minütlich sehen, wie die Räume mehr und mehr vollliefen“, berichtet sie betroffen. Bereits in der Nacht waren die Bewohner, die ihre Wohnungen im Erdgeschoss hatten, in die obere Etage verlegt worden. „Ich bin mächtig stolz auf das gesamte Team“, erzählt die Einrichtungsleiterin, „sie haben alle und zu jeder Zeit sehr besonnen und umsichtig reagiert.“ Nach Rücksprache mit dem Technischen Hilfswerk (THW) wurde beschlossen die Einrichtung zu evakuieren, da nicht absehbar war, wie hoch die Wassermassen noch ansteigen würden.

 

Gemeinsam mit der Feuerwehr wurde kurzerhand der Evakuierungsplan besprochen, und dann ging es auch schon los. „Wir wurden von so unglaublich vielen Helfern unterstützt, die bei der Verlegung der Bewohner halfen. Neben Feuerwehr und dem Technischen Hilfswerk (THW) kamen viele Freiwillige, Angehörige und Mitarbeiter, die eigentlich frei oder Urlaub hatten, nur um uns bei der Evakuierung zu helfen“, sagt Drach. Nicht mobile und stark pflegebedürftige Bewohner wurden mit Krankentransporten in die umliegenden Partner-Einrichtungen Walheim, Simmerath und Roetgen gefahren; alle anderen Bewohner mit Linienbussen in die nahegelegene Waldschule. Alle Senioren wurden von ihnen vertrauten Pflegekräften begleitet, so dass die pflegerische Versorgung und die Verpflegung mit Essen und Getränken jederzeit vollständig gewährleistet waren.

 

Das Beste aus der Situation gemacht

„Die meisten der Bewohner haben gelassen auf den spontanen Umzug reagiert“, berichtet die Einrichtungsleiterin, „wir haben alle das Beste aus der Situation gemacht. So kam zum Beispiel der Sohn einer Bewohnerin mit seinem Keyboard vorbei, und wir haben alle zusammen in der Mensa der Waldschule gesessen und den musikalischen Klängen zugehört.“

Nachdem das Wasser zurückgegangen war und Sachverständige und Gutachter sich ein Bild von den Schäden gemacht hatten, konnten die Bewohner und Mitarbeiter wieder in das Itertalklinik Seniorenzentrum "Weisweiler" zurückkehren. In den kommenden Monaten wird das Erdgeschoss umfassend saniert. Die betroffenen Mieter aus dem Erdgeschoss wurden in Wohnungen im Obergeschoss untergebracht.

Ich bin dankbar für ein so tolles, motiviertes Mitarbeiterteam. Alle haben gemeinsam mitgeholfen und sind oft über ihre eigenen Grenzen gegangen. Viele waren ja im privaten Bereich selbst vom Hochwasser betroffen. Aber auch die vielen ehrenamtlichen Helfer – insbesondere auch aus unserem Stadtteil – dieser Zusammenhalt war einfach toll!

Simone Drach, Einrichtungsleiterin Itertalklinik Seniorenzentrum Weisweiler

Itertalklinik Seniorenzentrum "Stolberg-Mitte"

„Als ich nach Dienstende nach Hause fuhr, regnete es stark, aber es schien noch alles überschaubar zu sein“, berichtet Heidi Fritzsche, Pflegedienstleiterin des Itertalklinik Seniorenzentrums "Stolberg-Mitte". Das änderte sich am frühen Abend: Die Wassermassen nahmen stark zu und drohten in die Einrichtung zu laufen. „Die Mitarbeiter vor Ort, unsere Einrichtungsleiterin und ich standen in ständigem Telefonkontakt“, so die gebürtige Parsbergerin, „wir entschieden dann recht schnell, aus Sicherheitsgründen die Bewohner des Erdgeschosses in die erste und zweite Etage zu bringen. Wirklich geschlafen habe ich in der Nacht nicht. Schon um 4.30 Uhr war ich wieder am Telefon und versuchte jemanden von der Stadt zu erreichen. Aber das Telefonnetz war zusammengebrochen. Wir kamen auch nicht zur Einrichtung, weil die Straßen nicht mehr befahrbar waren.“ Erst am Mittag, als das Wasser zurückging, konnten die Mitarbeiter wieder in die Einrichtung und ihre Kollegen ablösen. Nachdem ein Gutachter-Team sich die Schäden im Keller und Erdgeschoss der Einrichtung angesehen hatte und grünes Licht gab, dass alle Bewohner in der Einrichtung bleiben können, war die Erleichterung groß.

 

Umzug der Bewohner

Doch Mitarbeiter und Bewohner konnten nur kurz aufatmen. Wenige Tage später fiel der Strom aufgrund der Unwetterschäden in der gesamten Einrichtung aus. „Da im Zuge der aktuellen Lage niemand sagen konnte, wie lange der Stromausfall anhalten würde, haben wir entschieden die Bewohner zu verlegen“, berichtet Fritzsche. So wurden die Bewohner in umliegende Partner-Einrichtungen gebracht und zusätzlich konnten die leerstehenden Räume einer ehemaligen Pflegeeinrichtung genutzt werden. Mit den Bewohnern sind entsprechend auch die Mitarbeiter aufgeteilt worden, so dass alle weiterhin von den ihnen vertrauten Pflegefachkräften versorgt wurden. Auch konnten die Bewohner persönliche Dinge, wie Fotos und Erinnerungsstücke mitnehmen. „Der überwiegende Teil der Senioren und Angehörigen zeigten sich verständnisvoll“, sagt die Pflegedienstleiterin. „Schön zu sehen ist, dass sich durch den Umzug neue Gruppen zusammengefunden haben. So sitzen jetzt zum Beispiel jeden Abend Seniorinnen und Senioren zusammen und verbringen Zeit miteinander, die sich vorher noch nicht kannten, weil sie bei uns in unterschiedlichen Wohnbereichen wohnten. Daraus werden sicherlich neue Freundschaften entstehen“, berichtet Heidi Fritzsche weiter.

Alle haben tatkräftig unterstützt, sind extra aus ihrem Urlaub gekommen, um zu helfen, obwohl sie teilweise selbst vom Hochwasser betroffen waren.

Heidi Fritzsche, Pflegedienstleiterin Itertalklinik Seniorenzentrum Stolberg-Mitte

AGO Senotel Eschweiler

Evakuiert werden musste auch die Senioren-Residenz AGO Senotel Eschweiler. „Wir haben die Evakuierung ausschließlich mit unseren eigenen Mitarbeitern und freiwilligen Helfern durchgeführt“, berichtet Carina Cremer, Qualitätsbeauftragte der Einrichtung. Die Feuerwehr Eschweiler hatte mit der Evakuierung des gegenüberliegenden Krankenhauses alle Hände voll zu tun. „Wir mussten sofort handeln. Das Wasser stieg unaufhörlich“, sagt die 37-jährige. So lief erst die Tiefgarage mit Wasser voll, dann der Keller und schließlich mehrere Räume im Erdgeschoss. Nach kurzer Rücksprache mit der Partner-Einrichtung AGO Seniorenzentrum Eschweiler wurde beschlossen, zunächst alle Bewohner dorthin in Sicherheit zu bringen. Immobile Bewohner wurden per Krankentransport in das Seniorenzentrum verlegt; mobile Bewohner teilweise mit Privatfahrzeugen. „Auf einmal stand ein Traktor mit einem Mannschaftsanhänger vor der Einrichtung. Der Fahrer, ein freiwilliger Helfer, nahm ebenfalls eine große Gruppe Bewohner und Mitarbeiter mit“, berichtet Cremer.

Parallel wurden zusätzliche Betten und Matratzen in das AGO Seniorenzentrum gebracht, damit alle für die bevorstehende Nacht einen guten und bequemen Schlafplatz hatten. „Wir haben uns gut aufgeteilt, jeder hatte seine Aufgabe. Während die einen Mitarbeiter die Bewohner begleiteten, sorgten die anderen dafür, dass notwendige Dinge wie Medikamente mitgenommen wurden, so dass die Versorgung unserer Bewohner zu jederzeit vollumfänglich gewährleistet war“, erläutert die Qualitätsbeauftragte.

 

Verlegung in Partnereinrichtungen

Am folgenden Tag gingen die Organisation und Planung weiter, denn es stand fest, dass Bewohner und Mitarbeiter aufgrund der Schäden durch das Hochwasser erst einmal nicht zurück ins AGO Senotel konnten. So wurden die Bewohner in umliegende Partnereinrichtungen verlegt. Dabei ist darauf geachtet worden, dass die Bewohner mit den ihnen bekannten Mitbewohnern und Freunden zusammen in dieselbe Einrichtung kamen. Zusätzlich wurde ihnen weitgehend das Pflegepersonal zugeteilt, das sie bereits aus Eschweiler kannten. Auch ihr privater Besitz wurde mitgenommen, um ein vertrautes Umfeld sicherstellen zu können. „Viele Bewohner erzählen, dass es für sie aktuell ein bisschen wie Urlaub ist. Sie freuen sich, eine andere Einrichtung, eine neue Stadt und neue Leute kennenzulernen und wurden von unseren Partner-Einrichtungen herzlich aufgenommen“, sagt Carina Cremer.  

Jeder ist in den letzten Wochen ein Stück über sich hinausgewachsen. Der Zusammenhalt in unserem Team und die Hilfsbereitschaft der Eschweiler haben mich nachhaltig beeindruckt.

Carina Cremer, Qualitätsbeauftragte AGO Senotel Eschweiler

Kurzinterview mit...

Alfred Wülferath, Regionalleiter der vom Hochwasser betroffenen Residenzen bei der Alloheim-Gruppe

 

Wie haben Sie die Tage des Hochwassers erlebt?

Alfred Wülferath: Als Regionalleiter von mehreren betroffenen Einrichtungen waren die vergangenen Wochen eine große Herausforderung, aber nicht nur für mich ­- auch für mein Team und meine Kollegen. Sie alle haben Großartiges geleistet. Wir  sind durch diese Katastrophe noch einmal stärker zusammengewachsen. Es haben ohne viele Fragen einfach alle mitgeholfen, ganz gleich ob direkt vor Ort oder zentralseitig. Die Zeit war und ist sehr emotional. Auf der einen Seite ist es toll zu sehen, wie alle zusammenhalten und an einem Strang ziehen, auf der anderen Seite wird man die Bilder vor Ort nicht so schnell vergessen, Menschen, die ihr Leben verloren haben, Häuser und Wohnungen die komplett zerstört sind. Auch Mitarbeiter von uns haben über Nacht zum Teil ihren gesamten Besitz verloren. Zum Glück ist jedoch niemand gestorben oder verletzt worden. Das alles ist einfach unvorstellbar. Ich bin froh, dass seitens der Alloheim Geschäftsführung schnell reagiert wurde und ein Hilfsfonds zur Unterstützung eingerichtet wurde. Zudem haben darüber hinaus auch Mitarbeiter einen Hilfsfonds für ihre Kolleginnen und Kollegen, die vom Hochwasser betroffen sind, gestartet. Innerhalb weniger Tage kamen hier über 11.000 Euro zusammen. Und für alle älteren Bürger der betroffenen Regionen wurde das Alloheim Senioren-Hilfstelefon im Hinblick auf einen kurzfristig notwendigen Pflege- oder Versorgungsbedarf unter der Telefonnummer 0211-8220290 eingerichtet.

Was ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Alfred Wülferath: Unter den vielen Erlebnissen habe ich eine Situation besonders in Erinnerung, die mich sehr berührt hat. Eine Mitarbeiterin von uns hatte durch das Hochwasser persönlich wirklich alles verloren. Dennoch war sie vor Ort als unsere Bewohner in die Notunterkunft gebracht wurden und war eine der ersten, die die Seniorinnen und Senioren in Empfang nahm. Sie hatte trotz des eigenen schweren Schicksalsschlags noch die Kraft, unsere Bewohner in den Arm zu nehmen und ihnen Mut zuzusprechen, sie zu beruhigen und bei der Versorgung zu unterstützen.

Wie geht es aktuell weiter?

Alfred Wülferath: Mittlerweile haben sich Gutachter, Versicherungen, Sachverständige und auch die zuständigen Behörden ein umfassendes Bild von den teilweise massiven Schäden in den betroffenen Senioren-Residenzen gemacht. Wir sind bereits mit großem Aufwand mit den Sanierungs- und Aufräumarbeiten beschäftigt. Auch hier werden wir von vielen Ehrenamtlichen unterstützt. Wir sind sehr dankbar über so viel Solidarität und Hilfsbereitschaft.