Firmengründer und liebevoller Ehemann

Die selbst aufgebaute Firma des Zimmerei- und Dachdeckermeisters Rudolf Maiß ist sein ganzer Stolz. Der 91-Jährige lebt heute zusammen mit seiner demenziell veränderten Frau im Seniorenzentrum „Goldborn“ in Homberg (Ohm), wo ihn viele Bewohner durch seine frühere Arbeit kennen.

15.06.2022

Bewohner Rudolf Maiß

Mit 14 Jahren flüchtete Rudolf Maiß mit seiner Mutter aus Schlesien und fand im hessischen Appenrod, einem Stadtteil von Homberg (Ohm) seine neue Heimat. Die Familie fand durch den Beruf der Mutter schnell Anschluss: „Als Schneiderin konnte sie aus Tischdecken Jacken für die Bauern machen, nach dem Krieg hatte man ja nicht mehr viel“, erzählt Maiß. Bereits ein Jahr später begann er seine Ausbildung zum Zimmermann.

Der Schritt in die Selbstständigkeit

Seine Firma gründete Rudolf Maiß 1961 im Alter von 30 Jahren. Zuvor absolvierte er nach seiner Ausbildung zum Zimmermann auch die als Dachdecker und legte anschließend den Meister in beiden Berufen ab. Nach 15 Jahren in Anstellung entschied er sich für den Schritt in die Selbstständigkeit. „Es gab ein paar Leute, die es auch versucht haben, es aber nicht geschafft haben. Ich habe mich durchgesetzt“, berichtet Maiß stolz.

Unterstützung durch die Familie

In den Anfängen seiner Selbstständigkeit bekam Rudolf Maiß viel Unterstützung von seiner Ehefrau. „Da war ich froh, dass ich so eine Frau habe. Denn sie ging mit mir durch dick und dünn“, erzählt er liebevoll von ihr. Gemeinsam bekam das Ehepaar vier Söhne. Die beiden Ältesten steckte Maiß mit seiner Leidenschaft an, sodass sie ihre Lehre zum Zimmermann bei ihm absolvierten und in den Betrieb miteinstiegen. Der jüngste Sohn machte seine Ausbildung zum Schreiner und arbeitete später auch in der Firma mit. Gemeinsam schaffte es die Familie Maiß aus einem ehemaligen Ein-Mann-Betrieb in eine ansehnliche mittelständische Firma Mitte der 80er-Jahre. „Ich habe in meinem Unternehmen ungefähr 40 Leute ausgebildet. Natürlich konnte ich nicht alle übernehmen, aber es war schön, sie von den Handwerksarbeiten zu begeistern und wir haben uns alle immer sehr gut verstanden“, berichtet Maiß.

Weiterführung der Firma

Mittlerweile haben Rudolf Maiß und seine Frau insgesamt 22 Enkel und Urenkel. Zwei Enkel sind auch in den Familienbetrieb als Schreiner und Zimmermann eingestiegen. „Ich bin schon sehr stolz darüber, dass meine Firma durch meine Söhne und Enkel weitergeführt wird“, freut sich Rudolf Maiß.

Es ist schon enorm, was Herr Maiß mit seiner Familie aufgebaut hat. Die Firma zählt hier in der Gegend zu einer der größten Dachdeckereien und Zimmereien. Hier in den Neubaugebieten hat die Firma Maiß fast alle Häuser gedeckt. Deshalb kennen Rudolf Maiß auch viele unserer Bewohner durch frühere Arbeiten an ihren Häusern.

Marion Wittka, Mitarbeiterin im Sozialen Dienst im Seniorenzentrum "Goldborn" in Homberg (Ohm)

Marion Wittka, Mitarbeiterin im Sozialen Dienst im Seniorenzentrum "Goldborn" in Homberg (Ohm)

Mitarbeiterin im Sozialen Dienst, Frau Wittka

Umzug ins Seniorenheim

2019 ist Rudolf Maiß gemeinsam mit seiner Ehefrau ins Alloheim Seniorenzentrum „Goldborn“ in Homberg (Ohm) gezogen. „Herr Maiß kam in unsere Einrichtung, weil seine Frau an Demenz erkrankt ist und er sie mit einem Umzug ins Pflegeheim nicht alleine lassen wollte. Deshalb ist er mit ihr hier eingezogen“, berichtet Marion Wittka, Mitarbeiterin im Sozialen Dienst der Einrichtung. „Und ich bin gern hier“, erwidert Maiß.

Besonders gefällt Maiß, dass er in der Residenz weiterhin ein selbstbestimmtes Leben führen und tun kann, was er will. Aber auch der Kontakt zu seinen Mitbewohnern ist ihm wichtig. Er unterhält sich nicht nur gerne mit den anderen Bewohnern am Essenstisch und erzählt Geschichten von früher, sondern er setzt sich auch für sie ein: „Wenn jemand mit Problemen oder Sorgen auf mich zukommt, ergreife ich das Wort und bespreche das mit den Mitarbeitern. Ich habe hier zwar nichts zu sagen, aber ich helfe gerne, wenn ich kann. Ich komme gut mit den Leuten hier aus und das ist wichtig für mich“, so Maiß. An seinem Geburtstag spendiert er immer leckeren Kuchen für alle Bewohner des Wohnbereichs: „Früher haben sie meine Firma für Arbeiten beauftragt, da kann ich heute mal was für sie ausgeben“, lacht Maiß.

Leben mit demenziell veränderter Ehefrau

Rudolf Maiß lebt gemeinsam mit seiner Frau in einem Doppelzimmer des Seniorenzentrums mit aneinander geschobenen Betten. „Wir sind nur getrennt für ein paar Tage, wenn wir mal ins Krankenhaus müssen. Aber sonst sind wir beieinander. Soweit wie ich denken kann waren wir immer beieinander“, beschreibt er seine Ehe. „Herr Maiß kümmert sich liebevoll um seine Frau. Er versorgt sie und füttert sie, damit sie genug Essen bekommt. Es ist nicht immer so einfach, weil sie auch nicht immer so will. Aber Frau Maiß reißt sich immer wieder zusammen und ist wie ein Stehaufmännchen“, erzählt Marion Wittka.

Kennengelernt hat sich das Paar in seiner Jugend. Der junge Rudolf Maiß hat für den Vater seiner heutigen Frau das Haus neu gedeckt und sie dabei das erste Mal gesehen. „Dann war Kirmes, dort habe ich das erste Mal mit ihr getanzt. Und dabei ist es geblieben. Sie ist heute noch bei mir und ich kann nur froh sein, dass ich so eine Frau gekriegt habe. Sie ist eine wunderbare Frau gewesen und ist sie heute noch, trotz ihrer Krankheit“, schwärmt der Ehemann.

Mein Wunsch für die Zukunft? Ich wünsche mir nur eins: Dass ich meine Frau so ein bisschen überlebe. Denn ich möchte nicht, dass sie allein ist, wenn ich nicht mehr da bin.

Rudolf Maiß, Bewohner des Seniorenzentrums "Goldborn" in Homberg (Ohm)